Anna (Nicole Lechmann), eine erfolgreiche urbane Frau aus der Deutschschweiz, erbt von ihrer Stieftante Hannah, die sie nie gekannt hat, ein kleines Haus im Val Bavona. Hannah arbeitete dort während dem Bau des Robiei-Kraftwerks und lebte ein einfaches Leben. Anna kann sich nicht vorstellen, was sie mit diesem abgelegenen Haus im Tessin soll, reist aber hin und lernt das wilde Bavona-Tal und die Menschen kennen, die dieses geprägt hat. Und plötzlich muss sie sich ganz grundsätzliche Fragen stellen: Was ist Heimat? Wo gehöre ich hin?
„Vento di vita vera“ (Der Wind des wahren Lebens) ist ein Plädoyer, den Kompass immer wieder neu zu richten. Der filmische Essay arbeitet mit einer Kombination aus fiktiven Szenen, dokumentarischen Begegnungen, eindrücklichen Archivaufnahmen und literarischem Material. Über die Geschichte einer jungen Frau nähern wir uns der Seele einer ebenso rauhen wie faszinierenden Landschaft.
NICOLE LECHMANN spielt ANNA, die Hauptfigur. Die Schauspielerin und Theaterpädagogin lebt mit ihrer Familie in Luzern. Für Film- und Theaterproduktionen spielte sie unter anderem unter der Regie von Volker Hesse, Til Schweiger, Nicole Davi, André Revelly und Livio Andreina.
ANDREA ZOGG spielt den NOTAR in Locarno. Der Bündner war an vielen Bühnen im deutschsprachigen Raum engagiert, bevor er 1990 einem breiteren Publikum als Kommissar im Schweizer „Tatort“ aus Bern bekannt wurde. Weitere Filmrollen u.a. in „Reise der Hoffnung“, „Sennentuntschi“, „Schellen-Ursli“, „Zwingli“.
NIKLAUS MÄDER spielt den UNBEKANNTEN. Der Luzerner ist hauptberuflich Musiker. Der studierte Musik- und Bewegungspädagoge wirkt als Bassklarinettist und Sänger in verschiedenen Formationen mit.
spielt HANNAH als elfjähriges Mädchen im Jahr 1952
spielt den Augenarzt
spielt eine SCHOGGITALER-VERKÄUFERIN
liest aus dem Roman 'Nicht Anfang und nicht Ende' (Il fondo del sacco) von Plinio Martini
spielt den Vater von Hannah
spielt einen SCHOGGITALER-VERKÄUFER
ist die Stimme der alten HANNAH (Tagebuchnotizen)
CLAUDIO ANDRETTA ist Autor des Buches „Kraftorte im Tessin“. Er lebt im Maggiatal und hat als Experte für energetische Orte seit über 20 Jahren eine enge Beziehung zum Val Bavona. Zudem arbeitet er als Reiseleiter für die italienischsprachige Schweiz.
IVO DADÒ ist Landwirt. Er lebt in Cavergno und Roseto. Mit seiner Frau Noemi hat er während über 40 Jahren den Zyklus der Transhumanz mitgemacht, d.h. den Nomadismus der Herden je nach Jahreszeit. Er erlebte im Val Bavona zahlreiche schwere Naturkatastrophen.
DORIS FEMMINIS ist Schriftstellerin und wurde 2020 für ihren Roman „Fuori per sempre“ mit dem Schweizer Literaturpreis ausgezeichnet. Sie stammt aus Cavergno und lebt heute im Vallée de Joux. Ihr erster Roman „Chiara cantante e altre capraie“ spielt im Val Bavona.
RACHELE GADEA-MARTINI wurde 2008 zur Präsidentin der Fondazione Valle Bavona ernannt. Heute arbeitet sie in einem Teilzeitjob als Koordinatorin der Stiftung. Sie studierte Biologie und Umweltwissenschaften in Lausanne und Genf und lebte für Forschungsprojekte zeitweise in Paraguay und Panama.
GIACOMO POLI ist leidenschaftlicher Landwirt. Aus Brusino am Luganersee ist er ins Haus seines Grossvaters in Moghegno bei Maggia gezogen. Und immer wieder zieht es ihn zu den Ziegen im Val Calnègia, dem Seitental über dem Wasserfall von Foroglio.
REMY DALESSI spielt in der Freizeit Akkordeon und macht immer wieder Musik vor dem Ristorante Basodino in San Carlo
GABRIELE MARTINI spielt in der Freizeit Gitarre und macht immer wieder Musik vor dem Ristorante Basodino in San Carlo.
Joy Bucher, Angela Cardoso, Noe Habermacher, Alina Hager, Rahel Nietlispach, Amélie Oesch, Nell Schilliger, Verna Vänskä (Begleitpersonen: Irene Hager und Gabi Koller)
ALISSA lebt im Tal. Sie möchte das Tal verlassen, Neues entdecken, Sprachen lernen.
KURT KOLLER ist verantwortlich für KONZEPT, REGIE und PRODUKTION. Er lebt bei Luzern und im Maggiatal. Als Inhaber einer eigenen Firma gestaltete er zahlreiche Film- und Multimediaprojekte für Museen und Firmen. 2015 erschien sein Film „Ausgestempelt“, eine dokumentarische Collage über eine Posthalterdynastie in Kastanienbaum.
CHRISTOPH BRANDER ist verantwortlich für DREHBUCH und DRAMATURGIE. Er arbeitete während 30 Jahren als Redaktor, Moderator und in leitenden Funktionen bei SRF (Radio und Online). „Vento di vita vera“ ist sein erstes Drehbuch.
ANDREA CAPELLA ist der Mann hinter der KAMERA. Neben seiner Mitarbeit an Spiel- und Dokumentarfilmprojekten realisierte er in Zürich, Hamburg, München und Luzern auch Videoprojektionen im öffentlichen Raum, zudem Einzel- und Gruppenausstellungen mit fotografischen Arbeiten und Installationen.
MARCO ZAPPA ist verantwortlich für die MUSIK. Als Liedermacher ist er seit 50 Jahren auf Konzertbühnen in ganz Europa unterwegs und hat in dieser Zeit über 30 CDs/LPs eingespielt. 2019 gewann er den Schweizer Musikpreis.
NADINE VASILJEVIC ist die PRODUKTIONS-ASSISTENTIN. Die Bernerin lebte über 30 Jahre in Berlin. Heute zieht sie das Leben im Maggiatal dem Leben in der Grossstadt vor.
OSWALD SCHWANDER arbeitet seit 25 Jahren als Sounddesigner und Dialogeditor auf Spiel- und Dokumentarfilmen. Nach 10 Jahren Arbeit in Berlin, liegt das Schwergewicht in seinem eigenen Tonstudio jetzt auf Schweizer Projekten. Zu den Filmprojekten sind Arbeiten fürs Theater dazu gekommen. Bei manchen Filmen ist er auch als Filmkomponist verantwortlich.
Ein grosses Dankeschön an die vielen guten Geister, die uns während der Produktion von „Vento di vita vera“ unterstützt haben – mit wertvollen Inputs, Feedbacks, Motivation und tatkräftiger Mitarbeit:
Marco Alder, Matteo Ambrosini, José Amrein, Branka Battaglia, Simona Bächtiger, Francesco Bellini, Romy Binggeli, René Brandenberger, Theresia Buchmann, Christoph Bühler, Rowena Caviezel, Romano Dadò, Bruno Donati, Nicoletta Dutly Bondietti, Regula Egger, Mariella di Foglio, Demetra Giovanettina, Martino Giovanettina, Sara Giovanettina, Chiara Juri, Elda Juri, Giovanni Juri, Gabi Koller, Rita Mäder, Alessandro Marcionni, Ottavio Martini, Berta Meier, Michele Moretti, Marco Müller, Reto Ottiger, Silke Peter, Roland Peter, Romeo Regenass, Gerhard Richter, Fabrizio Sartori, Pius Schürch, Olivier Troller, Miranda Widmer Tosi, Adrian Wyss, Elena Zappa, Flavio Zappa, Bildungs- und Kulturdepartement des Kantons Luzern, Café Tesoro Locarno, Fondazione Valle Bavona, Osteria La Froda Foroglio, Ristorante Basodino San Carlo, Grotto America Ponte Brolla
Was hat die Kulturgeschichte des Val Bavona im Tessin mit einer jungen Deutschschweizerin zu tun? «Vento di vita vera» von Kurt Koller mit Nicole Lechmann in der Hauptrolle wird zweimal im Stattkino Luzern gezeigt.
In so unsicheren Zeiten wie diesen sehnen sich viele nach einem Rückzugsort, einem Ort der Ruhe. Steht man doch den aktuellen Entwicklungen mehr oder weniger ohnmächtig gegenüber. Einfluss aber hat man auf die persönliche Entwicklung. Unverhofft steht die Mittdreissigerin Anna vor der Frage «Gehen oder bleiben?». Von ihrer Stieftante, die sie nie kennen gelernt hat, hat sie ein Haus im Tessiner Val Bavona geerbt.
Der Luzerner Regisseur Kurt Koller erzählt die Geschichte dieser jungen Frau (gespielt von der Schauspielerin Nicole Lechmann, ebenfalls Luzernerin). «Vento di vita vera» beginnt als Spielfilm. Anna fährt nach Locarno zum Notar (Andrea Zogg), der ihr den Schlüssel fürs Haus und eine Wegbeschreibung in die Hand drückt. Schon bei der ersten Begegnung mit einem Bewohner aber erhält der Film eine weitere Ebene: Der echte Ivo Dadò, Landwirt, erzählt in die Kamera, wie das Tal sich über die Zeit verändert hat. Durch Katastrophen wie Erdrutsche und Überschwemmungen, die das Landschaftsbild tief geprägt haben. «Vento di vita vera», der Wind des wahrhaftigen Lebens weht durch dieses Tal. Die Bilder von Andrea Capella werden ergänzt durch filmisches und fotografisches Archivmaterial. Annas Stieftante erinnert an diese «toughen» Frauen von früher.
Kurt Kollers Film ist keine Dokufiktion, sondern eine Mischung aus Spiel-, Dokumentar- und Essayfilm, in dem die fiktive Figur Anna realen Personen aus dem Tal begegnet, von denen sie – und gleichzeitig das Publikum – über die Geschichte und das Leben im Val Bavona lernt. Doch was will sie dort in diesem alten Steinhaus ohne Strom, mit sich alleine? Sie hat einen Beruf, den sie liebt, ein Leben – ihre Wurzeln – an einem anderen Ort. Und doch ist sie sich auf einmal nicht mehr so sicher: «Gehen, bleiben? Oder beides?»
Der Film ist thematisch und formal prall gefüllt. Zitate von Maler Gerhard Richter oder Schriftsteller Max Frisch füllen die Leinwand. Die am Film Beteiligten, fast ausschliesslich aus Luzern, wollen mehr, als «nur» eine Geschichte erzählen. Sie wollen etwas sagen. Aber ist Film nicht eben das Medium, das eine solche Aussage, die über das Gesprochene hinausgeht, in Bildern transportieren soll und kann? Obwohl klug gefüllt, bleibt kaum Leerraum für Gedanken während der Visionierung. Was bedeutet, dass man ihnen danach auch nicht weiter nachhängen muss. Es bleibt ein ungewohntes und vielfältiges Filmerlebnis, das das Interesse für ein Tal weckt. Und man identifiziert sich durchaus mit der Hauptfigur: Was würde man an ihrer Stelle tun?
Die Dreharbeiten für „Vento di vita vera“ fanden im Spätsommer und Herbst 2021 statt. Gedreht wurde vor allem im Val Bavona, aber auch in Moghegno, Locarno und Luzern. Das Haus, das die Hauptfigur erben soll, steht im kleinen Weiler Faedo im oberen Bavona-Tal. Einzelne Sequenzen, unter anderem eine Rückblende ins Jahr 1952 und die Szene mit der Schriftstellerin Doris Femminis, wurden im Frühsommer 2022 gedreht.
„Auch
das habe ich gelernt:
Illusionen sind Gaben des Himmels, die
verhüten,
dass wir depressiv werden.“